Wie wird ein mRNA-Impfstoff an Virusvarianten angepasst?

Interview mit Steve Pascolo vom Universitätsspital Zürich, der im Rahmen des NFP 78 an der Optimierung von mRNA-Impfstoffen arbeitet.

Wie wird ein mRNA Impfstoff an neue Virusvarianten angepasst?

Bislang war keine Anpassung der Impfstoffe erforderlich, da die mRNA-Impfstoffe von Moderna und BioNTech/Pfizer gut gegen alle Virusvarianten schützen. Wenn nun eine Virusvariante der durch die bisherigen Impfstoffe erzeugten Immunität entgeht, müssen neue mRNA-Impfstoffe entwickelt werden, welche für die neue Spike-Variante kodierte mRNA enthalten. Dies kann in einem 50:50 Verhältnis mRNA der bisherigen Impfstoffe, die für das «Wuhan» Spike-Protein kodiert, kombiniert sein. Moderna befindet sich in Phase II für spezifische Impfstoffe für Beta- und Delta-Varianten. BioNTech ist möglicherweise mit Beta-, Delta- oder Omicron-mRNA-Impfstoffen im Labor bereit und könnte in diesem Fall die klinische Studienphase schnell starten, sobald nachgewiesen ist, dass die derzeitigen Impfstoffe nicht gegen die Omicron-Variante schützen.

Wie schnell kann ein neuer mRNA Impfstoff entwickelt werden?

Zur Herstellung neuer mRNA-Impfstoffe werden zuerst ungefähr zwei Wochen benötigt, um die DNA zu erhalten, die als Matrix für die RNA-Erzeugung in vitro benötigt wird. Eine Woche wird für die Erzeugung der mRNA und zwei weitere Wochen für die Zertifizierung des ersten Batchs (erste Produktionsmenge nach erfolgter Anpassung) gerechnet. Es dauert also insgesamt fünf bis sechs Wochen, bis ein neuer Impfstoff zur Verfügung steht.

Wie lange dauert es, den neuen Impfstoff zu produzieren?

Die Hersteller wie Moderna und BioNTech/Pfizer rechnen mit den Varianten und verfügen teilweise bereits über geeignete variantenkodierende DNA. Sollte die DNA also bereits bei ihnen "in der Schublade" liegen, könnte der neue Impfstoff in nur drei Wochen angepasst werden. Die Kapazitäten sind jedoch begrenzt, so dass die Produktion und Verteilung von Millionen von Dosen mehrere Wochen in Anspruch nehmen wird. Und die Produktion und Verteilung von Dosen weltweit wird natürlich noch mehr Zeit in Anspruch nehmen.

Wie sieht das Zulassungsverfahren für einen angepassten Impfstoff aus?

Die Behörden entscheiden, ob sie erneut alle drei klinischen Testphasen benötigen, da der Impfstoff eine neue mRNA-Sequenz enthält, die auf die Spikeprotein-Variante kodiert. Oder sie entscheiden - wie im Fall der Grippe - einen neuen Impfstoff mit einer anderen mRNA-Sequenz zuzulassen, die an die neue Variante angepasst ist. Zudem kann es sein, dass je nach Land die Behörden (FDA, EMA, Swissmedic) diesbezüglich unterschiedliche Entscheidungen treffen werden.

Werden Booster-Impfungen in Zukunft ähnlich wie bei der Grippeimpfung nach einem saisonalen Schema verabreicht und jeweils an die vorherrschenden Virusvarianten angepasst?

Es ist wahrscheinlich, dass Covid-Impfstoffe künftig zusammen mit dem herkömmlichen Grippeimpfstoff jedes Jahr zumindest an gefährdete Personen verabreicht werden. Später werden Moderna und BioNTech vermutlich neue synthetische mRNA-Grippeimpfstoffe entwickeln, die sie mit synthetischen mRNA Covid-Impfstoffen kombinieren. So können mit einer Impfung gleich mehrere mRNA-Moleküle verabreicht werden, die für die geeigneten Grippe- und SARS-CoV-2-Proteine kodieren, und vor dem Winter mit einer einzigen Impfung eine Immunität gegen beide Erreger hervorrufen.

Projekt: Optimierter mRNA-Impfstoff gegen COVID-19